Zahlreiche Exilanten erwähnen in ihren Werken und Briefen das Hotel de la Tour. Manche verbringen dort nur eine Nacht, andere bleiben länger. Klaus Mann, Thomas Manns ältester Sohn, kommt mehrmals und gibt sogar 1933 das Hotel de la Tour als zeitweilige Adresse in seinem Briefkopf an. Bertolt Brecht verweilt dort mehrere Wochen mit seiner Mitarbeiterin und Gefährtin Margarete Steffin. Während dieser Zeit arbeitet er an seinem Werk die Dreigroschenoper. 1939 beherbergt das Hotel den Führungsstab der Franzosen, ab 1940 den der Italiener und ab 1942 die Kommandantur der deutschen Besatzungsmacht.

1898 wird das Hotel, um einen mittelalterlichen Turm herum gebaut, eingeweiht. Es wird schnell zum unvermeidlichen Aufenthaltsort für zahlreiche Schriftsteller, Maler und andere Künstler am Hafen von Sanary.

In den Dreißigerjahren beim Aufkommen des Nationalsozialismus flüchten viele intellektuelle Nazigegner, unter ihnen Juden und Kommunisten, nach Frankreich und insbesondere nach Sanary. Einige mieten sich eine Unterkunft, andere wollen sich nicht festlegen und bleiben lieber in Hotel. Für letztere Möglichkeit entscheiden sich die Kinder von Thomas Mann, Klaus und Erika, sowie ihr Onkel Heinrich Mann aber auch Bertolt Brecht. Sie alle sind Stammgäste, die mehrmals im Hotel de la Tour absteigen.

Nach einem kurzen Aufenthalt in Paris, besucht Bertolt Brecht im Oktober 1933 seinen Freund Lion Feuchtwanger in Sanary; die Côte d’Azur bereist er bereits seit 1928. Mit seiner Lebensgefährtin und engen Mitarbeiterin Margarete Steffin, eine 24jährige Kommunistin, steigt er für mehrere Wochen im Hotel de la Tour ab. Während seines Aufenthalts arbeitet er an seinem Theaterstück „die Dreigroschenoper“ oder vergnügt sich mit seiner Freundin. An seine Ehefrau Helen Weigel, welche in Dänemark mit der Einrichtung ihres neuen Hauses beschäftigt ist, schreibt er: „Hier am Mittelmeer ist es langweilig“

Als Klaus Mann am 11. Mai 1933 auf sein Zimmer, er hat die Nummer 7, auf der zweiten Etage des Hotels geht, liest er in den deutschen Zeitungen, dass seine Bücher am Vortag auf dem Münchener Königsplatz öffentlich verbrannt wurden. Daraufhin gründet er seine Zeitschrift „Die Sammlung“ und einige Monate später erfolgt die erste Ausgabe. Dreiundzwanzig weitere Monatshefte erscheinen mit Artikeln von Bertolt Brecht, Jean Cocteau, Albert Einstein, André Gide, Lion Feuchtwanger, Ernest Hemingway, Aldous Huxley, Heinrich und Golo Mann und vielen anderen. Jedoch distanzieren sich mehrere Schriftsteller von der Veröffentlichung, darunter Thomas Mann und Stefan Zweig und nehmen ihre Zusage der Mitarbeit zurück. Sie befürchten die Schärfe einiger Texte könnte ihre Leserschaft verschrecken. Wegen schwindender Abonnentenzahlen (von 2000 auf 400) wird Die Sammlung im August 1935 eingestellt. Einige Jahre später sitzt Klaus Mann im selben Zimmer und beendet seinen Roman „Mephisto„.

Heinrich Mann entdeckt lange vor seinem jüngeren Bruder Thomas, in dessen Schatten er manchmal steht, den Charme der Côte d’Azur. Begeistert von Nizza, lässt er sich dort nach Hitlers Machtergreifung nieder, kommt jedoch häufig nach Sanary, um seinen Bruder sowie seine Freunde René Schickele und Wilhelm Herzog zu besuchen. Bei dieser Gelegenheit steigt er im Hotel de la Tour ab, wo er seinen historischen Roman „Henri IV“ beendet, welcher in zwei Bänden 1935 und 1938 während seines Exils veröffentlicht wird. Durch dieses Werk ist der frankophile Demokrat und Bewunderer der Revolution von 1789, in Frankreich einem eher belesenem Publikum bekannt. Die Verfilmung seines Romans Professor Unrat (1905) unter dem Titel „Der blaue Engel“ (1930) mit Marlène Dietrich macht ihn weltweit bei einer breiten Allgemeinheit bekannt.

Freitag, 22. September 1933: Thomas und Katia Mann sitzen auf der Hotelterrasse und essen zu Mittag. Nach einem mehrmonatigen Aufenthalt verlassen sie Sanary und ziehen nach Genf. Ein letztes Mal genießen sie die Farbenpracht des Südens und den malerischen Hafen. Am Nachmittag gibt es noch einmal Tee bei Familie Schickele und anschließend fährt sie deren Sohn Hans zum Bahnhof von Toulon. Dort nehmen sie den Schlafwagen nach Genf. Am 17. Oktober 1933, mittlerweile wohnen sie in Genf, schreibt Thomas Mann an Rene Schickele : „Ich behalte Sanary in guter Erinnerung.“


Die Mediathek Jacques Duhamel in Sanary-sur-Mer bietet eine Sammlung von Büchern zum Thema Erinnerung an das Exil in Sanary.