« Hauptstadt der deutschen Literatur » nennt der Philosoph, Journalist, Literatur- und Theaterkritiker Ludwig Marcuse Sanary-sur-Mer in seiner Autobiographie « Mein zwanzigstes Jahrhundert ». Bereits am Tag nach dem Reichstagsbrand verlässt er mit seiner Frau Sascha Deutschland und lässt sich von 1933 bis 1939 in Sanary in einem kleinen Haus über der Bucht von Portissol nieder. Das Paar verbringt sechs « unglücklich-glückliche Jahre in Sanary meine heimatlichste Heimat », schreibt Ludwig Marcuse. Nachdem seine offizielle Ausbürgerung bereits 1937 erfolgte und angesichts der drohenden Kriegsgefahr in Europa, emigrieren die Marcuses 1939 in die USA.

Ludwig Marcuse, der einzige Sohn eines jüdischen Hutfabrikanten des Berliner Großbürgertums, wächst wohlbehütet und verwöhnt, umgeben von einer jüdischen Großfamilie auf. Nach einer sorglosen Kindheit verändern politische und wirtschaftliche Katastrophen den Lauf seines Lebens drastisch. Der Vater stirbt nach dem ersten Weltkrieg, das Familienvermögen verschwindet in den Wirtschaftskrisen der 20er Jahre. Ludwig wird Philosoph und Journalist, Literatur- und Theaterkritiker und bezeichnet sich selbst als „Schreibtischkämpfer“. Individualist und Rebell, bekennt er sich zu seiner ethischen und politischen Überzeugung. Am Tag nach dem Reichstagsbrand emigriert er nach Frankreich, da er seine Existenz und sein Leben unter den Nazis gefährdet sieht. Den Sommer 1933 verbringt er in Cros de Cagnes, anschließend lässt er sich mit seiner Frau Sascha in Sanary nieder. Sie bleiben dort bis zu ihrer Ausreise in die USA im Jahr 1939.

Das Paar verbringt sechs unglücklich-glückliche Jahre in ihrem kleinen Häuschen „La Côte“ oberhalb der Bucht von Portissol. Ludwig sitzt die meiste Zeit auf der kleinen Veranda, die gerade einmal so groß ist, dass er seine Füße unter dem Holztisch ausstrecken kann und schreibt seine Artikel oder Bücher mit der üblichen Begeisterung. 1937 begleiten sie Lion Feuchtwanger auf seiner Reise nach Moskau. Im gleichen Jahr wird Ludwig Marcuse von den Nazis ausgebürgert.1938 ändert sich die öffentliche Meinung in Sanary, die Exilanten sind nicht mehr willkommen. Nach dem Münchener Abkommen vom 30. September 1938 zwischen Hitler, Chamberlain, Daladier und Mussolini, ahnt Marcuse den deutschen Einmarsch in Frankreich und so begibt er sich im März 1939 mit seiner Frau erneut auf die Flucht, diesmal in die USA.

Nach einem mehrwöchigen Aufenthalt in New York, lässt sich das Paar in Beverly Hills nieder. Ludwig wird als Professor für deutsche Literatur und Philosophie an die südkalifornische Universität in Los Angeles berufen und unternimmt in diesem Zusammenhang fast jedes Jahr eine Reise ins Ausland, wobei er auch Deutschland besucht. 1945 erhält er die amerikanische Staatsbürgerschaft und Kalifornien wird zu seiner zweiten Heimat. Schließlich kehrt er in den sechziger Jahren nach Deutschland zurück und lässt sich mit seiner Frau im bayrischen Bad Wiessee nieder, wo er 1971 stirbt.


Die Mediathek Jacques Duhamel in Sanary-sur-Mer bietet eine Sammlung von Büchern zum Thema Erinnerung an das Exil in Sanary.