Der promovierte Jurist, Theaterkritiker, Journalist und Schriftsteller, Kommunist und Gegner des NS-Regimes, entstammt einer deutsch-jüdischen Berliner Kaufmannsfamilie. Feuchtwanger und Brecht kennt er aus seiner Studentenzeit und 1931 tritt er der kommunistischen Partei bei. Sofort nach Hitlers Machtergreifung emigriert er nach Frankreich. Dort gründet er 1934 eine Bibliothek für die von den Nazis verbrannten und verbotenen Bücher (Deutsche Freiheitsbibliothek). Von 1936 bis 1938 schließt er sich den internationalen Brigaden im spanischen Bürgerkrieg an. Danach kehrt er zurück nach Paris und Bormes. Zu Beginn des zweiten Weltkriegs ist er zuerst im Sammellager von Toulon interniert, anschließend in Les Milles und nach Einmarsch der Nazis 1940 erneut in Les Milles. Nach seiner Freilassung findet er zeitweise mit seiner Frau in Sanary Zuflucht, bevor sie im Mai 1941 in die USA fliehen können.

*Zentrum für die Inhaftierung von Ausländern

Bei Hitlers Machtübernahme emigriert Alfred Kantorowicz mit seiner Lebensgefährtin Friedel nach Paris. Bis zu seinem Lebensende ist er stolz darauf, unter den ersten hundert durch die Nazis Ausgebürgerten zu sein. In Paris ist er Mitgründer des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller im Exil und verkehrt mit anderen Emigranten wie z.B. Heinrich Mann. Als Mitglied der KPD schließt er sich 1936 mit anderen Freiwilligen der Internationalen Brigade in Spanien an und lernt dort Ernest Hemingway kennen, welcher ihn während seines Exils finanziell unterstützt.

1938 geht er zurück nach Paris. Dank Thomas Mann wird er wie auch andere Emigranten vom Schriftstellerverband der USA unterstützt. Friedel arbeitet als Schreibkraft und sorgt teilweise für ihren Lebensunterhalt. Da das Leben in Südfrankreich kostengünstiger ist, wollen sie nach Le Lavandou zu ziehen, wo sich bereits einige österreichische Emigranten befinden. Wobei Sanary, Aufentshaltsort von Lion Feuchtwanger, Franz und Alma Mahler-Werfel sowie anderen Intellektuellen, auch erwogen wird, da sie den Ort von früheren Besuchen her schon gut kennen. Schließlich lassen sie sich im mittelalterlichen Ortsteil von Bormes-les-Mimosas in einem unterhalb der Burg gelegenen Haus nieder. Dort leben sie bei Kriegsausbruch sowie am 8. September 1939 als folgende Verordnung der französischen Behörden erlassen wird: „Alle im Departement Var lebenden Männer deutscher und österreichischer Abstammung im Alter von 18 bis 50 Jahren müssen sich im Sammellager der französischen Hafenstadt Toulon zur Überprüfung durch französische Militärbehörden melden“. In diesem Barackenlager, im Viertel Mourillon von Toulon, lernt Kantorowicz den Kölner Maler Anton Räderscheidt, Feuchtwangers Nachbar in Sanary, kennen und schätzen. Am 15. September wird die Gruppe per Zug, fünfzehn Stunden für 90km, ins Lager von Les Milles gebracht. Dort trifft Kantorowicz auf seinen Freund Feuchtwanger sowie auf andere alte Bekannte. Diese erste Internierung geht schnell zu Ende, Kantorowicz wird am 23. September 1939 freigelassen.

Die zweite Internierung in Les Milles findet am 21. Mai 1940 nach Einmarsch der Wehrmacht in Frankreich statt und dieses Mal bleiben die Frauen nicht verschont. Sie werden in das Lager von Gurs in den Pyrenäen geschickt, die Konditionen ihrer Internierung sind katastrophal. Da die Lage für Staatsangehörige eines feindlichen Landes immer schwieriger wird, nimmt Kantorowicz die erste Gelegenheit zur Flucht wahr. Bei einem Zugtransfer in ein anderes Lager springt er vom fahrenden Wagon ab. Nach einer gefahrvollen Odyssee bleibt Kantorowicz vorübergehend in Marseille und kann endlich am 16. November 1940 Friedel heiraten. Sie kommen dann einen Monat später wieder in Feuchtwangers´, die bereits in die USA emigrierten, leerstehender Villa in Sanary zusammen.

Sanary ist zum Jahresende 1940/41 die letzte Station auf dem Weg der Emigration, wo Alfred und Friedel Kantorowicz Unterkunft finden. Sie teilen ihr Elend mit Anton Räderscheidt und Ilse Salberg, Erich Klossowki und Hilde Stieler, Franz, Helen und Ulrich Hessel, Friedrich Wolf und seiner Lebensgefährtin Ruth mit Baby Catherine. Sie verheizen Feuchtwangers Bücherregale, um es warm zu haben, sie fällen die Bäume in Räderscheidts Garten… Sie leben in völliger Armut und werden alles tun, um schnellstens dieses mittlerweile so ungastliche Gastland zu verlassen.

Februar 1941 gehen Friedel und Alfred Kantorowicz nach Marseille, um an die notwendigen Ausreisepapiere zur Emigration in die USA zu gelangen. Damit beginnt ein mühseliger Hindernislauf für sie. Schließlich schaffen sie es sich einzuschiffen. Über Martinique und Santo Domingo erreichen sie am 16. Juni 1941 die USA und befinden sich vor der berühmten Skyline von Manhattan. Nach fünf glücklichen Jahren in New York, gehen sie 1946 nach Deutschland zurück und lassen sich Ost-Berlin nieder. Dort trennt sich das Paar, bleibt aber beruflich weiter verbunden. Nach Zerschlagung des ostdeutschen Volksaufstands im Juni 1953 sowie dem Einmarsch sowjetischer Truppen 1956 in Budapest, distanziert sich Kantorowicz vom DDR-Regime und flüchtet nach West-Berlin. Er stirbt am 27. März 1979 in Hamburg, ohne sich jedoch jemals vom Kommunismus abzuwenden.


Die Mediathek Jacques Duhamel in Sanary-sur-Mer bietet eine Sammlung von Büchern zum Thema Erinnerung an das Exil in Sanary.