Friedrich Wolf (1888-1953)
Schriftsteller und homöopathischer Arzt, jüdischer Atheist und überzeugter Humanist, gläubiger Kommunist und engagierter Pazifist im Kampf um eine gerechtere Welt, muss Friedrich Wolf bei Hitlers Machtergreifung Deutschland verlassen. Er flieht über die Schweiz und Frankreich mit seiner Frau und den beiden Söhnen 1934 in die Sowjetunion. Sein Sohn Markus ist nach dem zweiten Weltkrieg der berühmt-berüchtigte Spionage-Chef der DDR, verantwortlich für Willy Brandts Rücktritt. Aus Angst vor Stalins Agenten sucht Friedrich Wolf 1938 Anschluss an die internationale Brigade im spanischen Bürgerkrieg. Sein Versuch scheitert jedoch, er bleibt in Paris und anschließend in Sanary. Bei Kriegsausbruch wird er in den Lagern von Vernet und Les Milles interniert. Auf Druck der Russen kommt er 1941 frei und kann zu seiner Familie nach Moskau.
Friedrich Wolf ist einer der ersten Ärzte, der die Heilkräfte der Natur für eine ganzheitliche Medizin nutzt. Aber er ist auch ein politisch engagierter Dramatiker und als überzeugter Kommunist hält er seine Meinung nicht zurück. „Kunst ist Waffe“ ist seine Devise und 1929 protestiert er öffentlich gegen den §218 StGB, der den Rahmen des Schwangerschaftsabbruchs regelt. Friedrich Wolf ist ein faszinierender Mann, kämpferisch, charismatisch und mit aller Wahrscheinlichkeit ein Don Juan. Nach seinem Tod im Jahre 1953 hinterlässt er sieben Kinder, wovon drei unehelich sind.
Am ersten Weltkrieg nimmt er als Truppenarzt teil, wird infolgedessen angesichts von Leid und Tod zum entschiedenen Kriegsgegner. 1931 unternimmt er auf Einladung des Gesundheitswesens der UdSSR seine erste Reise in die Sowjetunion zu einem Erfahrungsaustausch. Er nimmt auch am Schriftstellerkongress der Russischen Föderation teil. Mit Hitlers Machtantritt muss Wolf, da Kommunist und Jude, Deutschland verlassen. Über Österreich und die Schweiz gelangt er auf die französische Insel Bréhat wo er u.a. seinen Roman „Professor Mamlock“ verfasst. 1934 emigriert er mit seiner zweiten Ehefrau Else und den beiden Söhnen, Markus (der spätere Chefspion der DDR) und Konrad (später einer der bedeutendsten DDR-Regisseure) nach Russland. Während seine Frau und die beiden Söhne die sowjetische Staatsbürgerschaft schneller erhalten, wird sie Friedrich Wolf erst 1941 zugestanden.
1938 während der Zeit des „großen Terrors“ verlässt Wolf Russland und versucht den Internationalen Brigaden im spanischen Bürgerkrieg als Arzt beizutreten, jedoch erfolglos. Er bleibt erst einmal in Paris und geht anschließend nach Sanary, wo er Lion Feuchtwanger und Franz Werfel trifft. Er mietet eine kleine Wohnung über dem Café Schwob und lebt dort mit Ruth Herrmann einer jüdischen Emigrantin aus Berlin, welche er an seinem 50. Geburtstag in Paris kennenlernte. Der „Dichterarzt“ wie ihn Alma Mahler-Werfel gern nennt, behandelt die Exilanten kostenlos und teilt seine Tagesordnung streng ein. Täglich geht er an den Strand, macht einen eleganten Kopfsprung ins Meer und spielt anschließend eine Partie Schach mit Freunden. Danach geht er nachhause und schreibt weiter.
1939 sowie 1940 wird Friedrich Wolf in Vernet, einem der schlimmsten Lager Frankreichs, interniert. Während seiner zweiten Inhaftierung bringt Ruth Herrmann am 13. Mai 1940 im Krankenhaus von La Seyne-sur-mer ihre gemeinsame Tochter zu Welt. Zu dieser Zeit gehen die französischen Behörden in ihrer Suche nach deutschen Staatsangehörigen strengstens vor und kontrollieren sogar die Krankenhäuser. Jedoch verweigern Ärzte und Schwestern den französischen Gendarmen den Zutritt zum Kreißsaal, „hier sind keine Deutschen“, und retten so Mutter und Kind vor der Deportation.
Ende 1940 wird Friedrich Wolf in das Lager Les Milles verlegt und dann vorübergehend entlassen, um seine Ausreise in ein neutrales Land zu organisieren. Seit August 1940 wartet in der russischen Botschaft in Vichy ein Visum auf ihn. Er kann es jedoch nicht abholen, weil ihm die notwendigen Passierscheine zum Reisen in der Freien Zone fehlen. Also geht er erst einmal nach Sanary zu Ruth und seiner kleinen Tochter Catherine und feiert mit ihnen Weihnachten 1940, in großer Armut. Einige Wochen später verläßt Ruth mit dem Kind Sanary und geht mit Freunden nach Kuba. Friedrich Wolf kann den Nazis im März 1941 unter falscher Identität mit einem russischen Pass entkommen und flieht zu seiner Frau Else und den Söhnen nach Moskau.
1945, bei Kriegsende kehrt Friedrich Wolf nach Berlin zurück und engagiert sich beim Aufbau des sozialistischen Deutschlands. Er stellt sich als Politiker zur Verfügung und wird zum Chef der Dipomatischen Mission der DDR in Polen berufen. 1950 geht er als erster DDR-Botschafter nach Warschau und bekleidet den Posten achtzehn Monate lang. Dann reicht er seinen Rücktritt ein, um sich ganz seinen kulturellen Aktivitäten zu widmen. Jedoch verbleibt ihm nicht mehr viel Zeit, sein Herz kann die ständige Überanstrengung nicht mehr verkraften und Friedrich Wolf erliegt am 5. Oktober 1953 einem Herzinfarkt im Arbeitszimmer seines Hauses in Lehnitz bei Berlin.
UM MEHR ZU ERFAHREN
Die Mediathek Jacques Duhamel in Sanary-sur-Mer bietet eine Sammlung von Büchern zum Thema Erinnerung an das Exil in Sanary.