« Monsieur KLO » nannte man in Sanary, den in Ostpreußen geborenen und einer kleinadligen polnischen Familie entstammenden Maler und Theaterdekorateur Erich Klossowski. 1932 lässt er sich mit seiner Gefährtin, der deutschen Schriftstellerin und Malerin Hilde Stieler, in dem Ort nieder.1939 erhält der frankophile Vater des Malers Balthus und Schriftstellers Pierre Klossowski die französische Staatsbügerschaft. Nach Besetzung der «Freien Zone» durch die Nazis gehören Klossowski und Stieler zu den letzten noch verbleibenden Exilanten in Sanary. Aber auch sie müssen den Ort bei der Zwangsevakuierung 1944 verlassen und ins Hinterland ziehen. Nach Kriegsende kommen sie zurück und bleiben bis zu ihrem Tod in Sanary.

Im Alter von zwanzig Jahren verlässt Erich Klossowski Deutschland und lässt sich als Maler und Kunsthistoriker in Paris nieder, wo er regen Kontakt zum deutschen Künstlerkreis des Cafés du Dôme und insbesondere zum Kunstkritiker Julius Meier-Graefe pflegt. 1903 heiratet er Dorothea, die Schwester des Malers Eugène Spiro, eine Schülerin von Pierre Bonnard, welche ihre Bilder nach ihrer Heirat mit „Baladine Klossowska“ signiert. Das Paar hat zwei Söhne, Pierre geboren 1905, zukünftiger Schriftsteller und Zeichner sowie Balthazar in1908. Letzterer wird später der berühmte, aber auch wegen seiner erotischen Mädchenbilder umstrittene Maler Balthus und sein Vater wird von ihm sagen: “ Balthus ist meine Revanche am Leben“. Zu Beginn des ersten Weltkriegs muss die Familie, da deutscher Nationalität, Frankreich verlassen. Nach einem Aufenthalt in Zürich, wo Klossowski mit René Schickele die expressionistische Zeitschrift „die weißen Blätter“ herausgibt, zieht man nach Berlin. 1917 trennt sich das Paar und Baladine wird die Muse des österreichischen Dichters Rainer Maria Rilke, seine Merline.

Nach dem ersten Weltkrieg arbeitet Klossowski als Theaterdekorateur in München, wo er Hilde Stieler kennenlernt. Sie wird seine Lebensgefährtin und in den 1920er Jahren gehen die beiden nach Paris. Auf Rat von Julius Meier-Graefe und René Schickele ziehen sie in den „Midi“.  Zuerst nach Bormes-les-Mimosas, dann 1929 nach La Garde und schließlich Sanary-sur-mer, wo sie in der Villa L’Enclos von 1933 bis 1944 wohnen.

Im Gegensatz zu ihren vorherigen Wohnorten, führen sie in Sanary laut Hilde Stieler ein „ziemlich mondänes“ Leben. Klossowski trifft täglich seine Freunde René Schickele, Meier-Graefe und Heinrich Mann, wenn sich dieser gerade in Sanary aufhält, in einem der Hafencafés, um über die besorgniserregende politische Situation in Deutschland zu diskutieren. Sie haben auch Kontakt zu den Huxleys und deren englischen Clan, den Feuchtwangers sowie der Familie Mann.

Eva Herrmann schaut öfters bei Hilde vorbei, wenn sie von ihrer Bastide zum Einkaufen auf den Markt von Sanary kommt. Zu ihrem Leidwesen muss Hilde feststellen, dass Klossowski wahnsinnig in Eva verliebt ist, obwohl diese nur an seinem Sohn Balthus interessiert ist. 1938 erhält ihr gesellschaftliches Leben mit der Ankunft von Alma und Franz Werfel, einem früheren Verehrer von Hilde, einen neuen Aufschwung. Jedoch, die Gefahr eines Krieges schwebt über ihnen und ihre bereits schwierige finanzielle Lage wird noch komplizierter. Hilde verliert Verträge mit deutschen Zeitschriften, Klossowski verkauft keine Bilder mehr. Um zu überleben, geben sie deutschen und englischen Sprachunterricht. Außerdem kommt unter den Bewohnern von Sanary eine feindselige Stimmung gegen die Deutschsprachigen auf. Im Mai 1940 wird Hilde in das Internierungslager von Hyères geschickt. Ihr schlechter gesundheitlicher Zustand verhindert jedoch den Weitertransport nach Gurs und dank ihrer guten Verbindungen zu französischen Schriftstellern und Verlegern wird sie freigelassen. Sie kehrt zurück nach Sanary zu Klossowski, der mittlerweile die französische Staatsbürgerschaft erhalten hat.


Nach dem Krieg setzte Hilde ihre Aktivitäten vor allem in Sanary fort, wo sie 1949 neben anderen angesehenen Künstlern wie Hogg, Kisling und Sassy an einer Ausstellung teilnahm , die von der Association des Amis des Beaux-Arts de Sanary organisiert wurde.

Am 6. April 1943 stellt das Rathaus von Sanary einen Evakuierungsplan zusammen. Daraufhin wird Klossowski, wie alle anderen älteren Franzosen, in einem Konvoi nach Saint Maximin gebracht. Hilde findet, dank Hilfe einer Bekannten, Zuflucht im Hinterland auf einem Hof in Le Beausset und wartet dort die Einstellung der Bombardierungen der Küstengebiete ab.  Um die holländische Staatsbürgerschaft zu erlangen, heiratet sie nach ihrer Rückkehr den ehemaligen niederländischen Kartäusermönch Robert de Wilt. Das Paar lässt sich in der Villa Domicile adoré Rue Barthélémy Dedon nieder und Klossowski, sehr geschwächt durch seinen anstrengenden Heimaufenthalt, zieht zu ihnen. Die Ehe von Hilde und Robert hält nicht lange und nach dessen Abreise, kümmert sich Hilde liebevoll um Klossowski. Krank und verbittert stirbt dieser Anfang Februar 1949. Hilde bleibt in Sanary und schlägt sich durch, indem sie Artikel für verschiedene Zeitschriften schreibt sowie Sprachunterricht gibt. Sie hat persönlichen Kontakt zu Colette und Marguerite Yourcenar. Zu ihrem Geburtstag im Jahr 1963, werden ihre französischen Texte von der Zeitschrift République-Le Provençal gewürdigt. Es wird einsam um Hilde Stieler und sie stirbt am 19. Februar 1965 im Krankenhaus von La Seyne-sur-mer.


Die Mediathek Jacques Duhamel in Sanary-sur-Mer bietet eine Sammlung von Büchern zum Thema Erinnerung an das Exil in Sanary.